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Die Orgel der St. Trinitatis ('Gottesackerkirche')
#1
Heute habe ich endlich einmal die Gelegenheit genutzt wieder einmal die kleinen Schätze der Stadt zu besuchen. Leider ist die Orgel momentan wegen fehlender Pflege in einem nicht so guten Zustand. Vor allem die Mechanik könnte dringend Pflege gebrauchen, da gerne einmal Tasten hängen bleiben, vor allem mit Koppel.
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Zur Kirche und Orgel
1734 31. Mai Grundsteinlegung; Baumaterialien wurden den Ruinen der Marienkirche entnommen
1739 15. März Einweihung als Begräbniskirche
Gottesdienste fanden in dieser turmlosen Kirche im 20. Jahrhundert im Sommerhalbjahr (Ostern bis
Erntedank) an Sonntagen um 7 Uhr statt; ab 1992 wurden sie als Wochenschlussandachten an Sonnaben-
den 18 Uhr (ab Mai oder Juni bis Erntedank) fortgeführt und mit dem Erntedankfest 2007 eingestellt.
Zunächst besaß die Gottesackerkirche keine Orgel. In den im Sommerhalbjahr dort stattfindenden Früh-
gottesdiensten begleiteten die Stadtmusiker den Gemeindegesang. 1867 schaffte man ein Harmonium zur Stützung des Liedgesanges für 125 Rthlr. an. Im Jahre 1869 wurde der Gottesackerkirche durch Frau BARTH, geb. Polese ein Legat von 200 Rthl. zur Beschaffung einer Orgel vermacht. Der Gemeindekirchenrat beauftragte den ortsansässigen Orgelbauer FRIEDRICH PETERSILIE mit dem Bau, der damit sein erstes neues Werk in Langensalza errichtete. Er reichte zunächst eine zweimanualige Disposition mit
10 Registern (5/ 3/ 2) ein. Superintendent GEORGI wünschte zum Zweck der Kosteneinsparung lediglich ein einmanualiges Instrument und statt der Mixtur ein Geigenprincipal 4’ oder eine Viola di Gamba 4’.
FR. PETERSILIE antwortete am 8. Oktober 1868 folgendermaßen:
Zitat
„Dem Wunsch noch eine vierfüßige Stimme anstatt Mixtur zu setzen habe ich nicht nach kommen können, da bereits die Flöte 4’ vom Oberwerk mit hinzutritt, wir würden sonst in ein Mißverhältnis gerathen und zu viel vierfüßton bekommen, was jeder Kenner oder Revisor bekrittisiren würde. Anstatt Salicional habe ich Gamba gesetzt, weil das zweite Manual wegfällt. Da nun überhaupt gar kein Register vorhanden ist und auch das zweite Manual wegfällt, so daß gar nicht vorstechend gespielt werden könnte, habe ich für den Discant den Cornet 3 fach gesetzt, vermittelst welchen mit der rechten Hand mit Hinzuziehung des Gedackt 8’ u Hohlfl. 8’ oder Principal 8’ die Melodie vorgetragen werden kann, die linke hat die Begleitung nur auf den beiden letzten Stimmen. Cornet ist nicht etwa eine spitze Stimme, sondern der Ton ist dick und hornartig, deshalb sehr angenehm.“ (Am 3. Nov. 1868 wandte sich Organist Rost an den Gemeindekirchenrat und verlangte unbedingt zwei Manuale.)
FR. PETERSILIE reichte am 5. November 1868 ein neues Angebot mit einer einmanualigen und einer zweimanualigen Disposition ein:
„Disposition u. Kostenanschlag zu einer neuen Orgel mit einem Manual und Pedal für die Gottesackerkirche zu Langensalza.
MANUAL
1. Principal 8’
2. Bordun 16’
3. Hohlflöte 8’
4. Viol d. Gamba 8’
5. Still Gedackt 8’
6. Octave 4’
7. Flauto amabile 4’
8. Cornet 3fach,
die große Octave von C‒H aus Kiefernholz, die Fortsetzung aus 10 löth. Zinn. aus Kiefernh., die große Octave in 8’, die Fortsetzung in 16 Fußton. die große Octave in Nr. 2 geleitet, die Fortsetzung aus Kiefer- und Ahornholz. die große Octave von C˗d0 16 Töne in Nr. 1 geleitet, die Fortsetzung aus 10 löth. Zinn. aus Kiefer- und Ahornholz. aus 10 löth. Zinn. Die Töne groß C. Cs. D. Ds. E. F. aus Holz.
aus Kiefer- und Ahornholz. geht beim dritten c’ an, bis oben hinaus, besteht also nur für den Discant in 2½ Octaven,
ist in besonderen Fällen zur Führung der Melodie nothwendig, da sonst keine andere scharfe Stimmen gewünscht werden. Auf c’ besteht die Mischung aus c’’ g’’ e’’’. Material 10 löth. Mensur sehr weit.
PEDAL
9. Subbaß 16’
10. Principalbaß 8
beide aus Kiefernholz
NEBENZÜGE
Pedal-Coppel mit besonderen Ventilen.
Windableiter.
Hierzu:
1. Ein Gehäuse aus Kiefernholz, weißen Anstrich aus Leim und Kreide, glatt geschliffen und mit Stein poliert,
auch mit einigen einfachen Vergoldungen versehen. Die Felder im Obergehäuse werden mit stummen Pro -
spektpfeifen aus 14 lth. Zinn gefüllt. Das Untergehäuse, sowie der Claviaturschrank werden mit Türen
versehen.
2. Windladen
3. Zwei Bälge
4. Windkanäle
5. Registratur
6. Tracturen
7. Klaviatur C‒f3
8. Pedalklaviatur C˗d1
9. Stimmung im Kammerton
Kostenanschlag insgesamt: 433 Thaler
„So die stummen Prospektpfeifen wegfallen und anstatt dieser die Gehäusefelder mit klingenden Pfeifen
aus dem Principal 8’ gefüllt werden, soll sich der Preis auf 400 Rth. ermäßigen.“
„Sollte das Werk zwei Manuale erhalten, so könnte folgende Disposition zu Grunde gelegt werden.
Hauptclavier
1. Octave 4’
2. Principal 8’
3. Bordun 16’
4. Hohlflöte 8’
5. Mixtur 3 fach 1½’
aus 14 lth. Zinn im Prospekt.
von C‒e0 Holz, die Fortsetzung aus 10 lth. Zinn.
Holz, die große Octave im 8 fußton, die Fortsetzung im 16 fuß.
Holz, die große Octave in Nr. 3 geleitet.
aus 10 löthigen Zinn.
Oberclavier
6. Still–Gedackt 8’
7. Flauto amabile 4’
8. Salicional 8’
aus Holz.
desgl.
von groß C bis ds0 Holz, 16 Töne, die Fortsetzung aus 10 löth. Zinn.
Pedal
9. Subbaß
10.Principalbaß 8‘
Holz
Nebenzüge
Manualkoppel
Pedalkoppel
Der Preis würde 450 Thaler betragen.“
Der Contract zu diesem Orgelbau wurde am 5. Jan. 1869 unterzeichnet, außer dem Orgelbauer und dem Gemeindekirchenrat auch vom königlichen Landrath und dem Magistrat von Langensalza. Am 13. Januar genehmigte ihn die königliche Regierung Abteilung des Innern in Erfurt. Danach sollte die neue Orgel zu Pfingsten des Jahres fertig übergeben und dem Orgelbauer 450 Thaler gezahlt werden.
FR. PETERSILIE teilte am 5. Juli 1869 dem Superintendenten GEORGI mit, „daß die Einweihung der neuen Orgel in der Gottesackerkirche nächsten Sonntag stattfinden kann“. Verwirklicht wurde die zweimanualige Disposition. In der Folgezeit erfuhr das Instrument nur eine einzige Veränderung: Die Mixtur ersetzte man durch Cornett 2’ 4fach (als milder Mixturersatz; Repetition des jeweils tiefsten Chores: c 0 2⅔’, c1 4’, c2 5⅓', c3 8’). Aus den Akten geht nicht hervor, wann und durch welchen Orgelbauer dies geschehen ist. Im Jahre 1927 ersetzte EDUARD SELL, Langensalza die im 1. Weltkrieg abgelieferten Prospektpfeifen durch
neue: „Mittelfeld, Oktave 4’ C˗c, 13 Töne klangbar, 2 Seitenfelder je 7 Pfeifen stumm, zusammen 27 Pfeifen aus Zink mit Rundlabien, mit Aluminium Bronze überzogen, in erstklassiger Ausführung…“ . (Kosten 168 M). Eine größere Reparatur scheint an der Orgel der Gottesackerkirche bis 2008 nicht vorgenommen worden zu sein. Ein elektrisches Gebläse wurde 1963 eingebaut. Allerdings wurde in die Kirche eingebrochen und dabei auch die Orgel beschädigt. Firma HELFENBEIN (Gotha) reparierte die gravie-
rendsten Schäden und ersetzte teilweise fehlende Pfeifen.
2008‒2009 wurde die Gottesackerkirche mit Landesmitteln restauriert und seitdem als Konzertkirche von der Stadt Bad Langensalza genutzt. (Die Evangelische Kirchgemeinde kann aber weiterhin dort Gottesdienste abhalten.) In diesem Zusammenhang wurde auch die Orgel von der Firma ORGELBAUSCHÖNEFELD (Stadtilm) gründlich instandgesetzt. Dabei wurden fehlende und Fremd-Pfeifen sowie die Prospektpfeifen in Zinn ersetzt.
Fotos
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Aufnahme
Zwei kleine Aufnahmen, leider hört man deutlich, wie ich mit klemmenden Tasten zu kämpfen habe
Danke für den Bericht und das Klangbeispiel!
Und als geschichtlich interessierter Mensch habe ich wieder einmal dazu gelernt. Bin über das "königlich" im Bezug auf Erfurt gestolpert. Kam mir spanisch vor, ist aber tatsächlich preußisch! Denn wie ich nach Google-Suche herausfand, war Erfurt nach dem Reichsdeputationshauptschluss an Preußen gegangen und blieb es bis zur Auflösung desselben.
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